Die romanische Bildertür: Meisterstück aus dem Mittelalter

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Die beiden schweren hölzernen Türflügel der Kirche St. Maria im Kapitol zählen zu den bedeutendsten mittelalterlichen Kunstwerken in Köln. Das Portal ist die letzte erhaltene, mit Bildern geschmückte Holztür des Mittelalters. Ehemals war dieser doppelflügige Eingang am Nordportal der wichtigste Zugang der Kirche. Die Ausmaße der Tür sind imposant: Mit einer Höhe von 4,85 Metern und der Breite beider Flügel von 2,48 Metern könnte hier durchaus ein Liefer-LKW der heutigen Zeit durchfahren.

Vermutlich wurden die beiden aus Eichenholz gefertigten und mit prächtigen, in Holz geschnitzten Hochreliefs verzierten Flügel zur Weihe des Kreuzaltars am 2. Juli 1049 durch Papst Leo IX. und in Anwesenheit Kaiser Heinrichs III. und zahlreicher Bischöfe zunächst provisorisch fertiggestellt. Allerdings wurde sie erst 1065 – fast 20 Jahre später – zur Schlussweihe der Kirche mit der kostbareren zweiten Fassung vollendet.

Eintritt nur für hochrangige Besucher

Das repräsentative Portal des stadtseitigen Haupteingangs der Kirche war im Mittelalter wohl nur für hochrangige Besucher geöffnet, besonders in der Weihnachtszeit. Denn St. Maria im Kapitol hatte in der Stationenfolge des Weihnachtsumritts der Kölner Erzbischöfe eine besondere Bedeutung: Hier wurde traditionell die erste die erste Weihnachtsmesse gefeiert.

Auch die Stiftsstatuten aus dem 16. Jahrhundert überliefern, dass der deutsche König und Kaiser nach der Krönung in Aachen bei seinem ersten Besuch in Köln die Kapitolskirche St. Maria zu besuchen hatte. Vermutet wird, dass dies womöglich auch schon für das 11. Jahrhundert galt und die Tür daher so besonders prächtig und inhaltsreich gestaltet wurde.

Das repräsentative Portal des stadtseitigen Haupteingangs der Kirche war im Mittelalter wohl nur für hochrangige Besucher geöffnet, besonders in der Weihnachtszeit. (#01)

Das repräsentative Portal des stadtseitigen Haupteingangs der Kirche war im Mittelalter wohl nur für hochrangige Besucher geöffnet, besonders in der Weihnachtszeit. (#01)

 

Handwerkliche Meisterleistung (Video)

Leisten mit kunstvoll bearbeiteten Rankenornamenten bilden den äußeren Rahmen, Flechtbandmuster trennen die einzelnen Bildfelder. Jeweils drei querrechteckige und zweimal zwei Zeilen mit je zwei hochrechteckigen Tafeln wechseln sich auf jedem Flügel ab, wobei die unterste Reihe zwei größere Reliefs bilden.

In Holz gemeißeltes Leben Christi

Die Bildertür zeigt auf 26 Tafeln insgesamt 28 Szenen aus dem Leben Christi. Der linke Türflügel ist der Kindheit und Jugend Christi gewidmet, der rechte Flügel verbildlicht die Passion, die Auferstehung Christi sowie seine Erscheinung vor den Jüngern.

Da der Großteil der mittelalterlichen Bevölkerung analphabetisch war, stellte man Szenen aus der Bibel bildnerisch dar und erzählte in Form eines Zyklus oder einer Bilderfolge zu einem Thema die Geschichten. Die Kunst hatte damals also nicht nur dekorative, sondern auch belehrende Funktionen.

Video: St. Marien Kirche Köln-Fühlingen

Darstellungen des linken Flügels

  • Verkündigung an Maria – Heimsuchung
  • Verkündigung an die Hirten – Geburt Christi
  • die Drei Könige vor Herodes – Anbetung der Drei Könige
  • Traum Josephs – Flucht nach Ägypten
  • Herodes erfährt, die Drei Könige seien nicht zurückgekehrt – Befragung eines Schriftgelehrten
  • Lanzenausgabe – Bethlehemitischer Kindermord
  • Darbringung im Tempel – Taufe Christi im Jordan

Darstellungen des rechten Flügels

  • Einzug in Jerusalem
  • Blindenheilung – Auferweckung des Lazarus
  • Christus am Ölberg – Berufung (oder Primat?) des Petrus
  • Letztes Abendmahl
  • Himmelfahrt (linke Tafeln der übereinander liegenden Reihen) – Kreuzigung
  • Frauen am Grabe
  • Erscheinung Christi vor den Jüngern und Aussendung

Die vier Tafeln in der untersten Reihe beider Flügel zeigen die drei Versuchungen Christi durch den Teufel sowie Christus und die Engel.

Nicht so groß aber auch wunderschön anzuschauen, diese besondere Kirchentuer, (#02)

Nicht so groß aber auch wunderschön anzuschauen, diese besondere Kirchentuer, (#02)

 

Parallelen zur Buchmalerei, Goldschmiedekunst und Elfenbeinschnitzerei

Ikonographische Details und kompositorische Muster, die Ornamente der Rahmen und die Farbfassung sowie die Darstellung von Figuren und Gewändern und die deutliche Sprache der Gebärden auf der romanischen Bildertür von St. Maria im Kapitol haben Parallelen in der zeitgenössischen Buchmalerei, der Goldschmiedekunst und in der rheinisch-maasländischen Elfenbeinschnitzerei.

Romanik als Kunstform

Als Blütezeit der Romanik gilt das 12. Jahrhundert, wobei die Kunstform wohl schon um das Jahr 1000 begann. Sie setzte sich nach der karolingischen Kunst unter der Herrschaft Karls des Großen durch. Obwohl sich überall in Europa einheitliche Grundformen entwickelten, gibt es dennoch regional ausgeprägte Besonderheiten, die von römischen und germanischen Einflüssen, aber auch anderen Richtungen wie der byzantinischen und islamischen Kunst inspiriert waren.

Insgesamt stand die Kunst der Romanik vor allem im Dienst der christlichen Religion. Klöster und die Kirche als Autorität in der Gesellschaft waren damals die Zentren der Wissenschaft, der Kultur und des künstlerischen Schaffens und somit maßgebliche Treiber der Umsetzung. Da der kirchliche Reichtum ab dem Mittelalter stetig wuchs, waren die klerikalen Einrichtungen außerdem in der Lage, größere und wertvoller gestaltete Gebäude zu errichten.

Zentren der Romanik in Europa

Besonders stark prägte sich die mittelalterliche Kunstform, die als Übergang zur Gotik gilt, in Deutschland zum Beispiel im Rheingebiet und Sachsen aus. In Frankreich waren es die Normandie, Burgund und die Auvergne, in Italien die Toskana und die Lombardei. Auch in England und Spanien gab es Strömungen, die den romanischen Grundprinzipien folgten.

Romanische Architektur

Der romanische Baustil verbreitete sich nach und nach über ganz Europa. Hauptaufgabe war der Bau von christlichen Kirchen – der Sakralbau. Charakteristisch für die Romanik sind dicke, wehrhafte Mauern und Wände.

Die Bauwerke wirken insgesamt massiv und schwer. Dazu wurden Rundbogen mit meist kleinen Fenstern und Türen umgesetzt. Zum Teil wurden mehrere Fenster auch zu sogenannten „gekuppelten Fenstern“ zusammengefasst und durch zierliche Säulen unterteilt.

Während die Frühromanik meist schmucklos und ungegliedert erscheint – die Kirchen glichen Burgen oder Festungen aus glatten Steinquaderflächen – kamen später Verzierungen und Gliederungen hinzu. Neben Naturstein wurde zunehmend auch Backstein als Baustoff verwendet. Dieser erlebte aber erst in der Gotik eine weitere Verbreitung als in der Romanik.

Vereinzelt wurden in der Romanik schon mit Glasmalerei geschmückte Kirchenfenster und Fensterrosen - das sind einzelne, runde Fenster über dem Portal - als zusätzliche Lichtquelle verwendet, wobei diese jedoch sehr viel schlichter als später in der Gotik ausfielen. (#03)

Vereinzelt wurden in der Romanik schon mit Glasmalerei geschmückte Kirchenfenster und Fensterrosen – das sind einzelne, runde Fenster über dem Portal – als zusätzliche Lichtquelle verwendet, wobei diese jedoch sehr viel schlichter als später in der Gotik ausfielen. (#03)

 

Romanischer Kirchenbau

Neben den großen romanischen Domen wurden auch zahlreiche kleinere, bescheidenere Kirchen gebaut. Sie hatten nur einen Turm und als Fassadenverzierung nur unverglaste, gekuppelte Fenster.

Aufgrund des wachsenden Reichtums der Kirche wurden an manchen Orten oft übergroße Kirchen gebaut, um die Allmacht Gottes und die Stärke des Christentums zu zeigen. Dies auch ohne Rücksicht auf die meist kleine Zahl der Gemeindemitglieder und deren Leistungskraft.

Vereinzelt wurden in der Romanik schon mit Glasmalerei geschmückte Kirchenfenster und Fensterrosen – das sind einzelne, runde Fenster über dem Portal – als zusätzliche Lichtquelle verwendet, wobei diese jedoch sehr viel schlichter als später in der Gotik ausfielen.

Durch unterschiedliches Material wie Stein, Marmor oder Backstein setzten die Baumeister allenfalls dezente Farbkontraste um. Im Inneren waren die Kirchen dagegen umso prächtiger und wurden oft mit Wandmalereien, Fresken und Mosaiken in kräftigen Farben geschmückt.

Ein besonderes Anliegen war den romanischen Baumeistern die Wölbung der Decke über dem Mittelschiff. Diese wurde in der Romanik statt aus Holz erstmals aus dem weniger brandgefährdeten Stein konstruiert. Durch die geschickte Aneinanderreihung von Bögen, die den Druck der Decke ableiten konnten und darum für die Statik bedeutend waren, schafften die mittelalterlichen Baumeister geradezu geniale Konstruktionen.


Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: vvoe-#01: Matteo Cozzi -#02: Imagentle -#03:_ Noppasin

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