In den Vereinigten Staaten begann der Trend zum nachhaltigen Bauen bereits im Jahr 2012. Erst jetzt hat die Welle auch Deutschland erreicht und schwappt jetzt regelrecht über die Welt der Architektur. Es geht dabei aber nicht nur darum, ökologische Aspekte besonders hoch zu bewerten, sondern auch die sozialen Gesichtspunkte sind relevant.
Ein Beispiel für das nachhaltige Bauen findet sich in Frankfurt am Main, wo der Doppelbüroturm, der Eigentum der Europäischen Zentralbank ist, mit einer Großmarkthalle verbunden wurde. Damit lassen sich Berechnungen zufolge rund 30 Prozent Energie einsparen.
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Neues Wahrzeichen in Frankfurt (Video)
Frankfurt am Mains Ostend war bislang noch nicht unbedingt als hip zu bezeichnen. Das sieht dank des neuen Wahrzeichens nun anders aus. Die Europäische Zentralbank hat hier ihr neues Hauptquartier bezogen und ein Bürogebäude von 185 m Höhe hinsetzen lassen.
Dieser Doppelbüroturm steht in seinem architektonischen Glanz den Bankentürmen in „Mainhattan“ in nichts nach. Allerdings sind diese Türme nicht in der typischen rechtwinkligen Form errichtet worden. Sie wirken daher ein wenig, als ob sie im beständigen Wind schwanken würden.
Ein Glasatrium sorgt dafür, dass ein geschlossener Block entsteht. Dieses reicht die gesamte Fassade empor und beinhaltet außerdem Verbindungsetagen zwischen den einzelnen Türmen. Das Bürogebäude ist mit der angrenzenden Großmarkthalle verbunden, wodurch ein außergewöhnliches Sockelbauwerk entstanden ist.
Einst war dieses Gebäude berühmt in der Welt als größte Eisenbetonhalle mit freien Überspannungen. Eröffnet wurde es im Jahr 1928. Die Größe der Halle betrug stattliche 23,5 m, was heute freilich nicht mehr ganz so eindrucksvoll erscheint. Doch die Länge von 220 m ist immer noch bemerkenswert.
Die Europäische Zentralbank hat dieses Baudenkmal nun genutzt, um selbst ein Wahrzeichen für die Stadt zu schaffen. Dabei sind allerdings nicht nur Freunde auf den Plan getreten.
Als der Frankfurter Großmarkt aus der Halle ausgezogen war und an den nördlichen Rand Frankfurts umgesiedelt ist, war klar, dass es für diese riesige Halle kaum eine sinnvolle Verwendung geben könnte. Dennoch waren viele Menschen gegen den Bau der Bürotürme und die Verbindung derselben mit der Großmarkthalle.
Heute finden sich in der Halle öffentliche Einrichtungen. Dazu zählen die Zentralbank mit ihrem Besucher- und Pressezentrum sowie diverse gastronomische Einrichtungen. Auch Konferenzräume können hier gemietet werden und stehen für Unternehmen zur Verfügung.
Außerdem ist die Halle Eingangsbereich der Europäischen Zentralbank. Hier wurde seitens der Architekten ein Beitrag zum nachhaltigen Bauen geleistet, denn das einst berühmte Gebäude hat nun einen berechtigten Daseinszweck gefunden und dient einem ganz anderen Klientel.
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Nachhaltigkeit beim Bauen
In der Architektur soll zwar Altes erhalten werden, gleichzeitig ist modernes Bauen oberste Maxime. Sämtliche Bereiche der Architektur richten sich inzwischen nach Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit. Auch für Bauherren spielt diese eine Rolle, selbst wenn es nur um den Bau eines Einfamilienhauses geht.
Die meisten möchten ihr ökologisches und teilweise auch ihr soziales Gewissen beruhigen, wenn sie sich für den Bau eines nachhaltigen Gebäudes entscheiden.
In den USA waren rund 41 Prozent der neu errichteten Gebäude im Jahr 2012 sogenannte grüne Gebäude, die im Fokus der Nachhaltigkeit standen. Inzwischen sollen es sogar mehr als 50 Prozent sein.
Auch in Europa ist der Trend zum nachhaltigen Bauen nicht spurlos vorübergegangen. Der oben beschriebene Büroturm der Europäischen Zentralbank ist nur ein Beispiel dafür. Hier wird zum Beispiel die Heizung durch Abwärme unterstützt.
Diese Abwärme wiederum stammt aus dem Betrieb des Rechenzentrums. Außerdem gibt es eine Anlage zur Nutzung der Erdwärme und die Glasflächen sind komplett isoliert. Damit soll erreicht werden, dass der Energieverbrauch um bis zu 30 Prozent sinkt.
Eine weitere Möglichkeit zur Nachhaltigkeit bietet sich durch die Nutzung des Regenwassers. Dieses wird hier als Brauchwasser genutzt und dient beispielsweise dem Spülen der Toiletten.
Die Möglichkeiten, die für öffentliche Gebäude eingesetzt werden, sind natürlich auch für private Bauherren nutzbar. Dass zum Beispiel Regenwasser aufgefangen und als Brauchwasser eingesetzt wird, ist keine Neuheit und in vielen Gebäuden bereits gang und gäbe. Andere Hausbesitzer rüsten in dieser Beziehung nach und setzen ebenfalls auf Einsparungen im Wasserverbrauch durch die Nutzung von Regenwasser.
Nachhaltigkeit: Eine Floskel? (Video)
Der Begriff der Nachhaltigkeit wird teilweise schon fast inflationär eingesetzt und wird von so manchem Architekten als „schillernd“ bezeichnet. Allerdings gibt es nun endlich auch Kataloge mit Kriterien, die nachhaltige Gebäude erfüllen müssen. Herausgegeben hat einen solchen Katalog die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB).
Hier können sich Architekten und Bauherren endlich daran orientieren, was für nachhaltige Gebäude wichtig ist und was beim Bau oder der Sanierung eines Hauses berücksichtigt werden sollte. Somit ist der Begriff der Nachhaltigkeit keine Floskel mehr.
Bis zu 42 Kriterien müssen erfüllt sein, damit Bestandsbauten und Neubauten als nachhaltig gelten. Sie müssen energieeffizient sein und gleichzeitig schonend mit den Ressourcen umgehen. Außerdem sollen sie soziale Aspekte erfüllen und zum Beispiel barrierefrei oder altersgerecht errichtet werden.
Beachtet werden muss dabei aber auch die Marktfähigkeit: Ein Gebäude besitzt immer das Risiko des Leerstands. Wie steht es dann um die Kosten? Diese müssen so gering wie möglich gehalten werden, soll der Hausbesitzer mit seinem Gebäude glücklich sein.
Der Lebenszyklus des Gebäudes muss also bereits beim Bau berücksichtigt werden und findet daher auch bei den Kriterien für das nachhaltige Bauen zahlreiche Erwägungen.
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Adidas Nachhaltigkeitsbericht
Nachhaltigkeit bewegt nicht nur die Architektur. Nehmen wir ein plakatives Beispiel aus der Industrie. Der Sportartikel-Hersteller Adidas im fränkischen Herzogenaurach publiziert jährlich den Adidas Nachhaltigkeitsbericht sowie die Umwelterklärungen seiner eigenen Produktionsstätte in Scheinfeld. Hier ist nach Nachhaltigkeitsmanagement entlang der globalen Lieferkette das Thema.
Edel und nachhaltig? (Video)
Beim Bauen mit Gold, Silber und Bronze ist natürlich nicht gemeint, dass diese Edelmetalle im Gebäude verwendet werden. Vielmehr geht es um die Gesamtnote, die ein Gebäude nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen bekommen kann und die ähnlich einer Siegerehrung im Sport mit Gold, Silber und Bronze begleitet und zertifiziert wird.
So zertifiziert wurde der eingangs beschriebene Büroturm in Frankfurt am Main übrigens nicht. Allerdings gibt es eine Vielzahl an Wolkenkratzern in Frankfurt, die den Kriterien der DGNB entsprechen und somit eine Auszeichnung bekommen haben.
Darunter findet sich auch die Zentrale der Deutschen Bank, die zwischen 2007 und 2010 umfassend saniert worden ist. Sie erhielt die Auszeichnung in Gold und sogar eine Zertifizierung des US-Gegenstücks LEED – hier aber in Platin.
Video: Planet Wissen – Gesünder Wohnen, bauen mit Lehm, Stroh und Holz
Nachhaltigkeit für private Bauherren
Der Bau eines Eigenheims ist für die meisten Menschen die wohl größte Investition in ihrem Leben. Unter dem Gesichtspunkt verwundert es nicht, dass die Nachhaltigkeit des Gebäudes eine immer größere Rolle spielt.
Das Haus muss dauerhaft sein, soll wirtschaftlich und kostensparend arbeiten. Außerdem sollen in der Zukunft eventuelle Nutzungsänderungen machbar sein. Hier sind die Architekten gefragt, die mithilfe der Kriterien der DGNB dafür sorgen, dass ein Haus genau diese Ansprüche erfüllen kann.
Bereits in der Planungsphase müssen daher sämtliche Kriterien berücksichtigt werden, die bei der späteren Errichtung des Gebäudes umsetzbar sein müssen.
Bildnachweis: © Bayern Innovativ GmbH