Industrial Design: Alter und neuer Trend fürs Wohnzimmer

0

Ein unfertiges Haus mit nicht verputzten Wänden und sichtbaren Metallstreben in der Wand? Wie ungemütlich! Oder doch nicht? Der Industrial Style erlebt gerade einen Boom und setzt genau auf die Dinge, die für ein eigentlich nicht bezugsfertiges Haus stehen. Das Industrial-Zuhause wirkt aber cool und dennoch gemütlich und romantisch.

Industrial Style: Unvollkommenheit für das Wohnzimmer

In der Regel wird gerade beim Wohnzimmer größter Wert darauf gelegt, dass alles zueinander passt, dass alles harmoniert. Hier noch ein Kissen, dort ein Bild an der Wand, die Couch gemütlich vor den Fernseher gerückt. Der Industrial Style stellt das alles infrage und kommt mit einer Unvollkommenheit daher, die cool und gemütlich wirkt, jedoch nicht gewollt oder wie „nicht fertig geworden“.

Charakteristische Punkte, auf die es im Industriedesign ankommt

  • Gedeckte Farben

    Der Industriestil ist eher maskulin, daher werden auch solche Farben verwendet, die eher gedeckt bis dunkel sind. Dunkelblau, Stahlgrau, Schwarz oder Anthrazit sind die Farben der Wahl. Um das Ganze etwas aufzulockern, kommen Dunkelrot und Holz zum Einsatz, diese Grundtöne sorgen für Gemütlichkeit und Ausgewogenheit. Schließlich soll das Wohnzimmer trotz des Industriedesigns nicht wie eine Werkhalle wirken! Das Schöne daran: Hierzu passen viele Farben, auch Rot und Gelb sehen gut aus und verleihen der Wohnstube ein wenig optische Wärme.

  • Schwere Materialien

    Damit sind keine Materialien gemeint, die tatsächlich schwer im Sinne von „viel Gewicht“ sind. Vielmehr geht es um die Verwendung von Beton und Metall, die für sich schwer wirken und für Beständigkeit und Robustheit stehen. Vasen aus Beton, Kerzenhalter aus Stahl – das alles sorgt für klare Linien und einen puristischen Eindruck.

  • Industrieleuchten verwenden

    Bezogene Lampenschirme, die vielleicht noch in einem hellen Rosa daherkommen? Nein, der Industrial Style gestaltet die Beleuchtung ganz anders und kann mit der Fabriklampe aus Stahl für Gemütlichkeit sorgen. Diese Lampen hingen einst nur über den Werkbänken und Maschinen in Hallen, galten früher als kalte Halogenstrahler. Heute sind diese Lampen eher Kunstobjekte, sind perfekt mit anderen Einrichtungsgegenständen kombinierbar und harmonieren mit allen Möbeln, die im Industriedesign verwendet werden. Selbst ohne Lampenschirm können derartige Lampen ihren Platz finden und bringen alles ins rechte Licht.

  • Coole Sitzgelegenheiten

    Andere Leute haben ein Sofa oder eine „Chaiselongue“ – wir haben das Industriedesign und mit diesem Stühle und Hocker als Sitzmöbel. Diese bringen keinerlei Schnörkel oder unnötige Verzierungen in Ihr Haus, sind maskulin und sprechen eine ganz klare Formensprache. Auch bei diesen Möbeln sollten Sie auf die typischen Farben des Industrial Designs setzen und diese nicht zugunsten der gemütlichen Möbel in Rosa oder Grün austauschen.

  • Wände nicht verputzen

    Das wohl wichtigste Merkmal des Industrial Designs zeigt sich im Wohnen mit unverputzten Wänden. Diese verleihen dem Raum etwas Cooles, Verwegenes. Besitzt das Zimmer keine rohen Wände mehr, können diese vorsichtig freigelegt werden. Wer das nicht möchte, wendet einfach verschiedene Maltechniken an oder klebt entsprechende Tapeten, die den Eindruck eines nicht verputzten Mauerwerks erwecken.

Der Industrial Style erlebt gerade einen Boom und setzt genau auf die Dinge, die für ein eigentlich nicht bezugsfertiges Haus stehen. Das Industrial-Zuhause wirkt aber cool und dennoch gemütlich und romantisch. (#01)

Der Industrial Style erlebt gerade einen Boom und setzt genau auf die Dinge, die für ein eigentlich nicht bezugsfertiges Haus stehen. Das Industrial-Zuhause wirkt aber cool und dennoch gemütlich und romantisch. (#01)

 

Rauer Einrichtungsstil sorgt für Funktions- und Formenklarheit

Jedes Möbelstück, welches beim Industrial Design seinen Platz im Wohnzimmer oder in der übrigen Wohnung findet, erfüllt einen klaren Zweck und der ist dem Teil auch anzusehen. Hier muss nicht überlegt werden, ob die kleine Kommode eine solche ist oder ob sich die angedeuteten Türen vielleicht gar nicht öffnen lassen. Schnörkel und Zierwerk braucht kein Mensch, der sich auf das Industriedesign spezialisiert hat – schließlich legen Industriegüter auch keinen gesteigerten Wert darauf, einfach nur schön auszusehen.

Sicherlich haben Kritiker Recht, die behaupten, der Industriestyle würde ein wenig archaisch anmuten, roh und schäbig. Doch es kommt auf das Geschick des Einrichters bzw. auf das des Wohnungsbesitzers an, wie gemütlich eine derartige Industrieunterkunft am Ende wird. So ist es eine Möglichkeit, Metall etwas wohnlicher aussehen zu lassen, indem es mit Stoffen verkleidet wird. Auf harte Stühle aus Metall oder unbehandeltem Holz kommt ein weiches Kissen und schon wirkt das Möbelstück viel einladender.

Die Kunst liegt darin, dem Ganzen einen etwas verwunschenen Charme zu verleihen, alles ein wenig märchenhaft aussehen zu lassen. Der Kombinationsfreude sind hier keine Grenzen gesetzt: So gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, alte Kanister mit Produktbildern als Blumentopf zu nutzen. Natürlich dürfen diese Kanister nicht neu aussehen, sie müssen ein wenig Patina angesetzt haben. Nur dann wirkt der Stil echt!

Accessoires sind Pflicht

Wer sich für das Industriedesign in seiner Wohnung entscheidet, muss auch ein hohes Maß an Kombinationstalent beweisen. Accessoires sind Pflicht, ansonsten kommt beim Betreten der Wohnung das Gefühl auf, ein Büro in einer Fertigungshalle zu betreten. Kissen mit ausgewählten Motiven und passenden Farben sind eine Variante. Eine andere besteht in der Verkleidung der Wände, wenn auch nur teilweise. Sicherlich wird kaum jemand die zart-rosa Blümchentapete neben die rohe Wand mit sichtbaren Metallschienen setzen, aber ein derartiger Kontrast kann ein guter Hingucker werden, wenn er denn an der richtigen Stelle platziert wird.

Wer sich in puncto Kombinationsmöglichkeiten neue Ideen holen möchte, sollte eine Einrichtungsmesse besuchen. Diese finden in regelmäßigen Abständen in verschiedenen Städten des Landes statt und geben immer wieder einen guten Überblick über den aktuellen Markt sowie über die derzeitige Mode in Bezug auf die Einrichtung der Wohnung.

Im Industrial Design ist alles erlaubt, was gefällt – und was anfangs nicht gefällt, ist eine Sache der Gewohnheit! Nein, ganz so schlimm ist es nicht. (#02)

Im Industrial Design ist alles erlaubt, was gefällt – und was anfangs nicht gefällt, ist eine Sache der Gewohnheit! Nein, ganz so schlimm ist es nicht. (#02)

 

Industrial Design: Eigene Möbel nutzen

Im Industrial Design ist alles erlaubt, was gefällt – und was anfangs nicht gefällt, ist eine Sache der Gewohnheit! Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Aber wer kann sich schon vorstellen, die alte Werkbank aus der Werkstatt im Haus zu haben! Dabei ist gerade das eine gute Idee, denn sie ergibt eine tolle Kommode oder kann als Anrichte verwendet werden. Auch Spinde im Austausch für die herkömmlichen Schränke sind eine gute Idee. Wem die aktuellen Angebote der Möbeldesigner zu teuer sind, sollte sich einmal in Schulen erkundigen. Dort gibt es immer wieder Abverkäufe von Spinden, welche nur noch „schick“ gemacht werden müssen.

Wer sagt denn, dass die Bücher im Wohnzimmer immer in einem Bücherregal stehen müssen? Eine Möglichkeit, die darüber hinaus ganz im Sinne des Industrial Designs ist, besteht im Aufstellen von Metallregalen. Diese können optisch ein wenig verschönert werden, was durch Sticker oder Ähnliches ganz einfach geschieht. Schon ist ein individuelles Bücherregal fertig, das durchaus das Zeug zum Blickfang im Wohnzimmer hat.

Wird ein Haus neu gebaut, ist der Fußboden eine der teuersten Sachen – Fußbodenheizung, Estrich, Fliesen oder Teppich: Da summiert sich einiges zusammen! Das Industriedesign verlangt aber keine Perfektion, sondern es setzt vielmehr auf das Imperfekte. Der Betonboden darf Risse zeigen, Holz soll durchaus von einer Patina überzogen sein. Das wirkt besonders authentisch! Überhaupt soll der gesamte Fußboden einfach alt aussehen und nicht wie gerade fertiggestellt.

Neue Fußböden werden zwar kaum derart behandelt, dass sie aussehen, als wären schon die Urzeitmenschen über sie gestapft. Doch wer erst vor der Frage steht, mit welchem Fußbodenbelag das Haus verschönert werden kann, sollte durchaus zweimal überlegen. Altholz oder auch geräuchertes Parkettholz macht sich ausnehmend gut in einer Wohnung, die im Industrial Design gestaltet worden ist. Auch Linoleum macht sich hier gut, bei diesem sind zahlreiche tolle und ausgefallene Designs erhältlich. Wichtig ist, dass der Boden nicht komplett glatt ist, sondern dass er sichtbare Gebrauchsspuren und Strukturen aufweist.

Wird ein Haus neu gebaut, ist der Fußboden eine der teuersten Sachen – Fußbodenheizung, Estrich, Fliesen oder Teppich:(#02)

Wird ein Haus neu gebaut, ist der Fußboden eine der teuersten Sachen – Fußbodenheizung, Estrich, Fliesen oder Teppich:(#02)

 

Decken nicht verputzen

Soll der Fußboden aussehen, als wäre er schon alt und bereits viele Jahre benutzt worden, so gilt das auch für die Decke. Diese darf im Industriedesign nicht aussehen, als wäre sie perfekt! Vielmehr soll die Decke möglichst freiliegen, das heißt, dass Lichtleitungen und Kabel sichtbar sind. Befreien Sie die Decke daher von all ihren Verkleidungen, wenn Sie sie sinnvoll in das Konzept des Industrial Designs integrieren möchten.

Gerade bei hohen Decken bietet sich das an und wirkt besonders gut. Die Leitungen sind durch Kunststoffkanäle unsichtbar gemacht? Dann entfernen Sie sie! Es darf nur am Ende kein Kabel lose in den Raum baumeln, außerdem muss eine Gefährdung ausgeschlossen sein. Sollte die Decke daher nicht allzu hoch sein und sollten Sie (neugierige) kleine Kinder im Haus haben, müssen Sie unbedingt darauf achten, dass lose Kabel bzw. Kabel, die nicht unter Putz liegen, auf keinen Fall für die Kinder erreichbar sind.

Türen und Trennwände fügen sich ein

Türen und Trennwände, die in einem gänzlich anderen Stil verbaut sind, verleihen dem Raum, der bereits im Industrial Design eingerichtet worden ist, bestenfalls einen unfertigen Eindruck. Hier harmoniert nichts und die Türen sind das komplette Gegenteil der Möbel bzw. der restlichen Einrichtung. Sind sie dagegen aus Stahl und Glas hergestellt, so ergibt sich der typische Industrielook. Idealerweise wird dieser Look auch anderswo in der Wohnung aufgenommen und sorgt damit für eine Einheit bei der Einrichtung.

ration der Wohnung im Industrial Design gilt, dass weniger mehr ist. Die verwendeten Materialien beschränken sich auf Glas, Holz und Metall. (#04)

ration der Wohnung im Industrial Design gilt, dass weniger mehr ist. Die verwendeten Materialien beschränken sich auf Glas, Holz und Metall. (#04)

 

Dekorationen: Weniger ist mehr

Bei der Dekoration der Wohnung im Industrial Design gilt, dass weniger mehr ist. Die verwendeten Materialien beschränken sich auf Glas, Holz und Metall. Die Farben sind Grau und Schwarz, einige wenige warme Farben wie Rot oder Gelb können vorkommen. Der Industriestyle ist puristisch, steht für eine spartanische Einrichtung und nicht für ein opulentes Wohngefühl. Dekorieren Sie daher besser nicht zu viel! Das Sofa muss nicht komplett mit Decken und Kissen bedeckt sein, das Beistelltischchen darf nicht aus Teak sein. Alles lässt sich nicht als gewollter Stilbruch ausgeben!

Schon wenige Teile zu viel können den gesamten Eindruck stören und so dafür sorgen, dass der Industrial Style kein solcher mehr ist. Wenn Sie etwas aufstellen wollen, dann achten Sie daher auf die Auswahl der Accessoires: Papierkörbe aus Stahlrohr sind okay, eine große Pflanze sollte sich ebenfalls im Raum wiederfinden. Ein Dschungel darf aber nicht aus dem Raum werden, daher sollten Sie nicht zu viele Pflanzen aufstellen. Wie bei allen Accessoires im Industrial Style gilt, dass sie zwar Blickfang sein, jedoch nicht von den eigentlichen Möbeln und Gestaltungsdetails ablenken dürfen. Ein Blickfang soll die Fabriklampe über dem Tisch sein, nicht der Tisch selbst oder gar die bunten Kissen auf dem Sessel daneben!


Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: -#01: Dariusz Jarzabek -#02: Dariusz Jarzabek -#03: Alexander Steam-#04: ArchiVIZ

Lassen Sie eine Antwort hier