Schon viele haben sich an der Architekturfotografie versucht, doch nur wenige sind zu einem erstklassigen Ergebnis gekommen. Wichtig sind ein gutes Auge, die richtige Perspektive und ein passendes Objekt.
Architekturfotografie: Spannende Fototour durch die Stadt
Architekturfotografie ist weitaus mehr als nur das Fotografieren von Gebäuden. Vielmehr werden Wolkenkratzer und architektonische Höchstleistungen eingefangen, werden mit dem passenden Lichteinfall und aus der gewünschten Perspektive festgehalten. Diese kann auch durchaus ungewöhnlich sein und auf den ersten Blick nicht erkennen lassen, was eigentlich abgelichtet werden soll.
Es gibt kaum wirkliche Tipps, wie die perfekte Architekturfotografie gelingt, es kommt vor allem auf die Kreativität des Fotografen an. Er dokumentiert die Architektur, kann eine Stadt poetisch und schwärmend oder kalt und nüchtern darstellen. Dabei ist interessant, dass alle Architekturfotografen eine andere Herangehensweise haben und eine individuelle Bildsprache entwickeln, die sich nicht kopieren lässt.
Auch wenn viele Menschen meinen, dass es doch nicht schwer sein könne, ein Haus zu knipsen, so werden sie angesichts der Leistungen der Architekturfotografen doch eines Besseren belehrt. Eine durch sie angelegte Fototour durch die Stadt zeigt nicht nur spannende Wolkenkratzer, wie sie auf jedem Prospektbild zu sehen sind. Die Aufnahmen, die dabei entstehen, sind vielmehr aussagekräftig und zeigen kein Objekt neutral, sondern aus der Sicht des Fotografen.
Er braucht das Gespür für das richtige Motiv, muss den passenden Augenblick zum Abdrücken erwischen und sicherlich auch ein wenig Fantasie besitzen. Er muss wissen, was er zeigen möchte und passt die Stadt seiner Vorstellung an. So überrascht die Architekturfotografie gern mit neuen Perspektiven, mit interessanten Effekten und einer neuen Wirkung altbekannter Motive.
Architekturfotografie: Unterschiede zu anderen Sparten
Die Architekturfotografie ist ein ganz eigener Bereich, der mit seinen Aufnahmen zu begeistern weiß. Die Unterschiede zu Fotografien von Mode, Lebensmitteln oder Autos sind immens, denn es geht nicht darum, das Objekt ins rechte Licht zu rücken. Es soll sich nicht besser verkaufen oder jemanden beeindrucken, es soll eine Art Dokumentation sein.
Oft geben Architekten den Auftrag für die Architekturfotografie und haben ganz bestimmte Vorstellungen davon, wie das Objekt später aussehen soll. Auch das ist eine Kunst: Den Geschmack des Auftraggebers zu treffen und sich dennoch nicht verbiegen zu müssen. Manches auf den ersten Blick unscheinbare Bauwerk wird dank gekonnter Architekturfotografie zum Star, manche Baukünstler lassen ihr Werk durch den Fotografen regelrecht interpretieren.
In der Regel werden Häuser ohne Menschen fotografiert, wobei viele Architekten später per Computerbearbeitung wieder Menschen einfügen. Doch der Fotograf sieht in den Bauwerken meist eher eine Art Stillleben, das er komponiert. Hier würden Menschen nur störend wirken. Außerdem zeigt sich darin auch das Phänomen, dass die Architektur des 20. Jahrhunderts vor allem nach Klarheit strebt und dass vereinfachte, abstrakte Linien gefragt sind.
Menschen würden für Chaos sorgen, würden die klaren Linien stören. Manche Architektur verträgt das einfach nicht, zumindest auf den Bildern sind Menschen damit nicht angesagt. Des Weiteren sollen Bauwerke unverfälscht und frei von jeglichen Einflüssen dargestellt werden. Sie sollen erfahrbar werden, was nur möglich ist, wenn sich der ganze Blick des Betrachters auf das Bauwerk konzentrieren kann.
Dafür wählt der Architekturfotograf bewusst seinen Blickwinkel, verändert diesen und achtet auf perspektivische Verzerrungen. Er wartet auf das ideale Licht. Nichts wird dem Zufall überlassen, die Architekturfotografie geht kühl, nüchtern und überlegt ans Werk. Damit entstehen Aufnahmen, die teilweise sehr eindringlich wirken, die berühren und die äußerst präzise erscheinen. Teilweise wirken die Gebäude unwirklich und lassen die Fototour nicht mehr real nachvollziehbar werden.
Bekannte Architekturfotografen sind unter anderem:
- Zooey Braun
- Marcus Bredt
- Hans-Georg Esch (HG Esch)
- Brigida González
- Roland Halbe
- Florian Holzherr
- Werner Huthmacher
- Stefan Müller
- Christian Richters
- Friederike von Rauch
Viele dieser Künstler wählen die Schwarz-Weiß-Fotografie für ihre Bilder und setzen diese in einen kühlen Stil. Dabei werden nicht immer ganze Häuser fotografiert, teilweise konzentrieren sich die Architekturfotografen auch nur auf bestimmte Details. So finden sich Türen, durch die die Sonne scheint, Fenster mit geschlossenen Vorhängen oder nur das Dach auf den Bildern wieder.
Die Fotos sind atmosphärisch-dicht, lassen ein Gefühl von Romantik und Urlaub oder von Beklemmung und Düsternis zu. Diese Art von Kunst ist deutlich vielseitiger als das Darstellen von Mode!
Wichtige Tipps zur Architekturfotografie
Auch die Fotografen geben immer wieder Tipps zur Architekturfotografie, doch das künstlerische Talent muss natürlich jeder selbst mitbringen. Ebenso wie das richtige Auge, das Gespür für den passenden Moment, um auf den Auslöser zu drücken.
Wichtig ist für das Fotografieren von Bauwerken die Schärfentiefe. Der Betrachter soll kein Detail vermissen, er muss beim Blick auf das Bild alles sehen können. Das bedeutet, dass dieses so scharf wie möglich sein muss. Kleine Blenden über 16 sind daher die richtige Wahl, außerdem muss der Fokus richtig gesetzt werden. Außerdem müssen die Einstellungen sehr fein sein, hier darf sich der Fotograf ruhig viel Zeit nehmen.
Immer kann sich das Objekt, das fotografiert werden soll, nicht bewegen und folglich nicht in seiner Lage verändern. Allerdings ändern sich Lichteinflüsse im Laufe der Zeit, daher sollte der Fotograf diese berücksichtigen und mit den Vorbereitungen zu seinem perfekten Foto rechtzeitig beginnen. Damit am Ende nichts verwackelt, hilft das Stativ.
Profi-Architekturfotografen weisen Anfänger dieser Sparte immer wieder darauf hin, dass die Symmetrie entscheidend ist. So können beispielsweise Linien parallel im Gemäuer verlaufen, auch das Spiegelbild eines Bauwerks kann genutzt werden. Die Symmetrie muss gerade bei der Architekturfotografie immer gut eingesetzt werden. Sie gibt den Bildern das Besondere und sorgt dafür, dass sich das Auge des Betrachters an etwas festhalten kann.
Anfänger sollten überdies ebenfalls daran denken, sich für schwarz-weiße Aufnahmen zu entscheiden. Viele Gebäude sehen sehr seltsam aus, wenn sie in Farbe abgelichtet werden. Durch den Verzicht auf Farben ergeben sich ganz neue Effekte. Das Bauwerk wirkt plötzlich älter, als es ist. Es kann bedrohlich oder märchenhaft erscheinen. Die Fotografie spielt hierfür mit den Kontrasten und lenkt den Blick auf die gewünschte Stelle auf dem Bild.
Wichtig: Kein Bauwerk muss komplett aufgenommen werden. Meist sind es kleine Details, die genug über das Gebäude aussagen und die für das Bild völlig ausreichend sind. Sie zeigen das Gebäude in einem neuen Blickwinkel und führen Betrachter und Bauwerk zusammen.
Architekturfotografen kennen das Problem: Es kommt alles auf die richtige Uhrzeit an! Denn mit ihr gehen Veränderungen des Lichts einher. Die Architekturfotografie lebt nicht vom Licht, sondern von den Schatten, die den Kontrast verschärfen und Dinge im Unklaren lassen können.
Für diese Art von Fotografie sind somit die Stunden entscheidend, in denen die Schatten gut zu sehen sind. Sonnenauf- und –untergang sind ideal und lassen aus dem Fotografen jemanden werden, der konsequent dann arbeitet, wenn andere Feierabend oder noch nicht mit der Arbeit begonnen haben.
Vor allem bei der Nutzung kleiner Brennweiten zeigt sich oft ein Problem: Die Linien, die eigentlich gerade sein sollten, sind auf den Bildern schräg zu sehen. Große Tore und Häuserwände präsentieren sich in dieser Art, auch Skylines sind alles andere als realistisch zu sehen.
Stürzende Linien entstehen meist dann, wenn der Fotograf zu dicht an seinem Motiv steht oder wenn er zu weit unten befindlich ist. Ideal ist somit eine mittige Aufnahmeposition, außerdem sollte der Platz des Fotografen ausreichend weit vom Gebäude entfernt sein.
Auch diese Punkte sind für die Architekturfotografie von Bedeutung:
- Fokussieren auf Fassaden
- Beachten von Führungslinien
- Integration von Bewegung
Den letztgenannten Punkt sehen viele Profi-Architekturfotografen sicherlich anders, doch wie bereits erwähnt wurde, fügen manche Architekten Bewegungen in das fertige Bild ein. Da kann ein Auto erscheinen, welches sich am Objekt vorbeibewegt oder es wird ein Mensch eingefügt, der auf der Straße vor dem Bauwerk entlangläuft.
Die „etwas anderen Bauwerke“ müssen keine architektonischen Sonderleistungen sein, die sich durch ihr oft als seltsam empfundenes Design präsentieren. Auch ganz alltägliche Bauwerke können dank der Architekturfotografie zu besonderen Motiven werden, die so nicht auf den ersten Blick erkennbar sind.
Vor allem dann, wenn der Fotograf nur auf Ausschnitte des Gebäudes setzt und diese nach allen Regeln der Fotografiekunst hervorhebt, Kontraste schärft und auf eine düstere Atmosphäre pocht, ist das Haus, das der Betrachter des Bildes vielleicht sogar jeden Tag sieht, kaum noch erkennbar. Hier zeigt sich die wahre Kunst des Fotografen, der in der Lage sein muss, ein Bauwerk auf völlig neue Art zu sehen und abzulichten.
Bildnachweis:©Shutterstock-Titelbild: INTERTOURIST -#01: Sarath maroli -#02: inter reality -#03: Judah Grubb-#04: Yury Dmitrienko